Heilige Messe in deutscher Sprache in Guadalajara

IMG_2559Es war am 25. Juni 1986 als ich als 13-jähriger Junge zum erstenmal in Guadalajara war – zumindest in Gedanken vor dem Fernsehen. Es war das Halbfinalspiel der Deutschen Fußballnationalmannschaft bei der WM in Mexiko gegen Frankreich. Ich kann noch heute ganz detailliert die Empfindungen wiedergeben, die ich bei der Nennung des Städtenamens hatte. Der Klang des Namens Guadalajara war für mich Heranwachsenden damals der Inbegriff von unerreichbarer Ferne. Guadalajara, das war das Klang gewordene Gefühl vor der schieren Größe des Planeten Erde. Wie weit müssen Orte entfernt sein, die sich Guadalajara nennen! (Von dem gleichnamigen Ort in Spanien ahnte ich einst noch nichts.) Damals bereitete es mir Freude, weit entlegene Orte im Atlas zu suchen und mich beim Klang der fremden Namen lange in dem verzückenden Gedanken zu verlieren, ich würde eines Tages diesen Namen aussprechen, um ein Ticket zu diesen fernen Reisezielen zu lösen. Der Umstand, dass ich in einem Staat aufwuchs, der seinen Bürgern jegliche Reisefreiheit verwehrte, steigerte nur diese schwermütige Freude am Fernweh. Ich wußte zu gut, dass ich nach menschlichen Ermessen in meinem Leben niemals in Guadalajara sein würde. Guadalajara – der Name dieser Stadt ist nie mehr aus meinem Bewusstsein gewichen. Ich dachte damals auch, was für wohlklingende Namen Menschen ihren Ansiedlungen zu geben in der Lage sind und verzieh dem Kommentator sehr verständnisvoll, dass er jedesmal sehr bedacht und unsicher den Namen nannte, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Dieser Begriff wurde für mich nämlich mehr als eine bloße Ortsbezeichnung. Völlig ahnungslos über die Herkunft aus dem Arabischen, war die innewohnende Musik dieses Namens für mich als Dreizehnjährigen eine geheimnisvolle Einladung in die Transzendenz. Ich ahnte, dass die bloße Existenz solcher zauberhaften Ortsnamen einen tiefen Grund haben mußte. Es war unmöglich, dass Namen von solcher Schönheit nicht auf eine unsichtbare, tieferliegenden Wirklichkeit verwiesen.

Es ist unglaublich: In wenigen Tagen werde ich zum ersten Mal einen Fuß in meinen Sehnsuchtsort von damals setzen. Ich bin mir bewußt, dass die 1,5-Millionenstadt im Bundesstaat Jalisco trotz ihrer Eleganz und reichen Geschichte nichts mit den Träumen von damals gemein haben wird.  Oder doch?

Deutschland gewann das Halbfinale gegen den amtierenden Europameister Frankreich übrigens mit 2:0 durch Tore von Brehme und Völler, um dann im Finale gegen Argentinien zu verlieren. Es war das Turnier von Maradona und der Hand Gottes.

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