Die Geschichte deutschsprachiger Priester in Mexiko beginnt recht bald nach der spanischen Conquista (1519-21). Der erste bekannte deutschsprachige Priester im heutigen Mexiko war der Tiroler Jesuitenpater Eusebius Franz Kühn (1645-1711). Als Missionar, Astronom und Kartograph erwarb er sich große Verdienste für die einheimische Bevölkerung und ihre Christianisierung.

Nach zwei Einwanderungswellen Deutscher nach Mexiko ab 1864 (Inthronisation des Habsburger Erzherzogs Maximilian I. als Kaiser von Mexiko) und zu Beginn des 20. Jahrhunderts (Industriealisierung) kam es auch weiterhin zu einer ständigen Zunahme der deutschen Minderheit in Mexiko, so dass schließlich am Ende der Fünfziger Jahre die deutsche Seelsorge durch die Entsendung von Diözesan- und Ordenspriestern aus der Heimat immer konkretere Gestalt annahm.
Durch das Erzbistum Köln wurde den Katholiken deutscher Sprache mit dem Bau von Kirche und Residenz St. Thomas Morus im Jahr 1970 ein geeigneter Versammlungsort in Mexiko-Stadt gegeben. Das Kölner Erzbistum stellte über viele Jahrzehnte auch die deutschsprachigen Seelsorger, die immer auch die Betreuung des mexikanischen Teils der Gemeinde übernahmen. Seitdem hat sich die Kirche im Süden der Stadt zu einem beliebten Ort zum Heiraten und Taufen und für Urnenbeisetzungen entwickelt.
Mit dem Weggang des letzten deutschsprachigen Seelsorgers vor vier Jahren stand die Gemeinde plötzlich vor großen Herausforderungen. Zu Pfarrern von St. Thomas Morus wurden nun mexikanische Ortsgeistliche ernannt. Unter machen Gemeindemitgliedern machte sich Enttäuschung bemerkbar. Die Beteiligung an den muttersprachlichen Gottesdiensten ging zurück. Zeitweise stand sogar infrage, ob sich für die deutsche Kirche das Engagement mit einem eigenen Priester in Mexiko überhaupt noch lohnt.
Angesichts des kontinuierlichen Ausbaus der deutsch-mexikanischen Beziehungen muß dieser Zweifel heute etwas verwundern. Bis zu 80.000 Deutsche (Staatsbürger und Abstammungsdeutsche) werden im ganzen Land geschätzt. Deutschland ist nach den USA der zweitgrößte Investor im Land. Mexiko verfügt nämlich über 11 Freihandelsabkommen mit 46 Ländern, die den Unternehmen Zugang zu 1,55 Mrd. Konsumenten eröffnen. Auch wegen der geostrategisch günstigen Lage zwischen Atlantik und Pazifik beschäftigen die eintausend deutschen Unternehmen in Mexiko über 120.000 Mitarbeiter und sind mit einem Anteil an der Bruttowertschöpfung von etwa sieben Prozent ein wichtiges Standbein der mexikanischen Wirtschaft. In Mexiko befindet sich das zweitgrößte VW-Werk der Welt und fast alle deutschen Autohersteller wollen diese Erfolgsgeschichte nachahmen und haben inzwischen Fertigungsstandorte in dem nordamerikanischen Land.
Außerdem wird für Mexikaner Deutschlernen immer wichtiger. Das zeigen die Einschreibungen für Kurse: Für dieses Jahr rechnet allein das Goethe-Institut erstmals mit mehr als 5000 Schülern – das wäre ein neuer Rekord. Damit wird nicht nur deutlich, dass die Anzahl der Deutschlerner bedeutend zunimmt, sondern auch das Interesse an der deutschen Kultur.
Vor diesem Hintergrund war dem deutschen Kirchenvorstandsmitglied Ludwig Johannsen klar: „Ein deutscher katholischer Pfarrer ist in der 20-Millionen-Metropole Mexiko unverzichtbar.“ Der gebürtige Deutsche hat sich in den letzten vier Jahren intensiv um personelle Verstärkung aus Deutschland bemüht – nicht überall stieß er auf offene Ohren. Beim Leiter des Auslandssekretariats (KAS) Mons. Lang traf er jedoch auf einen Verbündeten. Auch der Leiter des KAS möchte den Standort Mexiko mit einem deutschsprachigen Priester erhalten.
Mit Pfarrer Mathias Faustmann aus Berlin konnte am Christkönigssonntag, dem 20.11.16 ein neuer Seelsorger für Mexiko in sein Amt eingeführt werden. Im Unterschied zu seinen Vorgängern ist er aber nicht mehr als Pfarrer der mexikanischen Pfarrei ernannt worden. Damit bleibt er – von der Last der Verwaltung einer großen Pfarrei und einer umfangreichen Immobilie befreit – ganz für die Seelsorge an den deutschsprachigen Katholiken verfügbar. Für Mons. Lang ist hiermit fast eine ideale Lösung gefunden: „Unser deutscher Seelsorger lebt mit zwei mexikanischen Priestern im Pfarrhaus und hat dadurch auch ein menschlich bereicherndes Lebensumfeld. Er hilft in der mexikanischen Pfarrei bei der Feier von Hl. Messen und der Spendung von Sakramenten und ist somit auch geistlich als Priester in das Glaubensleben eingebunden.“ Freilich gibt Peter Lang dem Neuankömmling aus Deutschland auch den Rat, sich nicht in der Vielzahl der Aktivitäten der spanischsprechenden Ortsgemeinde zu verzetteln, sondern die Bedürfnisse der deutschen Katholiken im ganzen Land im Auge zu behalten.
Eine Besonderheit bei der Vorstellung des neuen Seelsorger dürfte der Geschichte des Ortes geschuldet sein: So gab es gleich zwei Einführungsgottesdienste am vergangenen Christkönigssonntag. Einen deutschen, in dem Mons. Lang den neuen Pfarrer vorstellte und in seiner Predigt der Hoffnung Ausdruck verlieh, er möge sich als Brückenbauer zwischen der mexikanischen und deutschen Gemeinde erweisen, die durch eine gemeinsame Geschichte verbunden sind. Die zweite Hl. Messe feierte dann der regional zuständige Weihbischof Crispín Ojeda Márquez auf Spanisch. Er dankte für die Entsendung eines deutschen Seelsorgers und überreichte Pfarrer Faustmann ein Ernennungsschreiben der Erzdiözese Mexiko.
Für die katholische Gemeinde gab es noch ein sehr ermutigendes Zeichen der ökumenischen Verbundenheit an diesem Tag: Etliche Gläubige der Deutschen Evangelischen Gemeinde waren mit Ihrem Pastor Marc Reusch und der Vikarin Julia Arfmann-Knübel zur Einführung gekommen und überreichten ihm eine Kreuzdarstellung aus des Kaisergruft des Speyrer Doms. Zu sehen sind unter anderem Allegorien der vier Kardinaltugenden Mäßigung, Klugheit, Tapferkeit und Gerechtigkeit. Die Vertreterin der Evangelischen Gemeinde Karin Bamberger betonte bei der Übergabe des Geschenks, dass diese nicht nur für jeden Christen von Bedeutung seien, sondern sich besonders segensreich bei Pfarrern auswirken würden.
Noch am selben Tag machten sich Mons. Lang und Pfarrer Faustmann auf zur einem wichtigen Kristallisationspunkt deutschen Lebens in Mexiko: Puebla. Die Stadt mit ihren 1,6 Mio. Einwohner zählt zu den wichtigsten Städten mit deutscher Präsenz in Mexiko. VW und neuerdings Audi haben diese Stadt mit reicher kolonialer Vergangenheit zu einem international bedeutenden Standort für die Autoindustrie gemacht. Mit Honorarkonsul Marko Foitzik wurde die Deutsche Schule besucht, die mit ihren 1600 Schülern zu den renommiertesten Bildungseinrichtungen in Mexiko gezählt wird. Allein im letzten Jahr hat die Schule Zuwachs von 300 deutschsprachigen Kindern bekommen. Mit dem Schulleiter und einigen Lehrer wurden die Möglichkeiten erörtert, wie den katholischen Kinder eine deutschsprachige Vorbereitung auf die Feiern von Erstkommunion und Firmung ermöglicht werden kann.
Schließlich feierten Mons. Lang und Pfarrer Faustmann eine Hl. Messe in Puebla mit einer recht spontan zusammengerufenen Gemeinde von deutschsprachigen Katholiken. Über 20 Gläubige folgten der WhatsApp-Einladung und vereinbarten mit dem neuen Seelsorger die Wiederaufnahme von regelmäßigen deutschen Gottesdiensten in Puebla.